Das InterNetzteil- und Konverter-Handbuch von Dipl.-Ing Jörg Rehrmann
7. Der Sperrwandler

Seinen Namen hat der Sperrwandler (englisch: Flyback-Converter), weil er die Energie immer nur während der Sperrphase des Schalttransistors auf den Ausgang überträgt. Er ist sicher der gebräuchlichste und bekannteste aller getakteten Trafo-Wandlerarten vor allem im Bereich kleinerer Leistungen. Dies liegt nicht zuletzt an seiner einfachen Bauweise. Die einfachsten Ausführungen benötigen außer dem Wandlertrafo nur einen Transistor und wenige passive Bauteile. Einziger Nachteil des Wandlers ist der Trafo. Er besteht im Normalfall aus mindestens drei Spulen: Primär-, Rückkopplungs- und Sekundärspule. Deshalb ist es kaum möglich, auf Standardbauteile zurückzugreifen. Bei der Prototypenanfertigung ist man so fast immer auf handgefertigte Einzelstücke angewiesen. Im Grunde genommen ist die Funktion des Sperrwandlers der des Inverswandlers sehr ähnlich. Der wesentliche Unterschied besteht nur darin, dass die in der Spule gespeicherte Energie während der Sperrphase nicht über die gleiche Spule, sondern über eine separate Sekundärspule wieder abgegeben wird. Das hat im Wesentlichen zwei Vorteile: Erstens ist die Ausgangsspannung potentialfrei, was für die Schutztrennung in Netzteilen besonders wichtig ist und zweitens sind hohe Übersetzungsverhältnisse einfacher zu realisieren, was ebenfalls bei Netzteilen, aber auch bei Hochspannungsgeneratoren von Bedeutung ist.

Flyback

Bild 7 A Grundprinzip eines Sperrwandlers.

In Bild 7 habe ich das Grundprinzip des Sperrwandlers mit den beiden Phasen (Fluss- und Sperrphase) und den dazugehörigen Stromflussrichtungen dargestellt. Zunächst ist links die Flussphase dargestellt. Die Eingangsspannung liegt direkt an der Primärspule an, und es fließt ein linear ansteigender Strom. Dabei wird Energie von der Eingangsspannungsquelle in die Primärspule übertragen. Diese Energie wird aber nicht in der Spule selbst, sondern im Luftspalt des Trafos gespeichert. Deshalb muss die Energie nicht zwangsläufig über die gleiche (Primär) Spule wieder abgegeben werden. Diesen Umstand macht man sich beim Sperrwandler zunutze. Während der Sperrphase, die zum Zeitpunkt des maximalen Stromflusses einsetzt, befindet sich ja noch immer die gesamte während der Flussphase gespeicherte Energie im Luftspalt des Trafos. Unterbricht man den Strom einfach, würde diese Energie in Form einer sehr hohen Induktionsspannung frei werden und den Schalttransistor zerstören. Der Trick beim Sperrwandler besteht darin, dass der Strom nicht in der Primärspule weiterfließt, sondern von der Sekundärspule übernommen wird. Dem Magnetfeld ist es sozusagen egal, ob es von der Sekundär- oder der Primärspule aufrecht erhalten wird. Während der Sperrphase (Bild 7 Mitte) wird also, damit der Strom weiterfließen kann, die Sekundärspule auf den Siebelko geschaltet. Die Spulen sind so gepolt, dass der sekundäre Spulenstrom den Siebelko auflädt. Während der Flussphase wird die Last aus der im Siebelko gespeicherten Energie versorgt. Es ist üblich, bei den Spulen eines Trafos die Anschlüsse gleicher Polarität im Schaltbild mit einem Punkt zu markieren.
Wie bei den bisherigen mit Speicherdrosseln realisierten Wandlern kann auch beim Sperrwandler ein Schalter, in diesem Fall der sekundärseitige, durch eine Diode ersetzt werden (Bild 7 rechts).

7.1 Einfache Sperrwandler für kleine Eingangsspannungen
Besonders einfach sind Sperrwandler aufgebaut, die mit relativ kleinen Betriebsspannungen bis etwa 40 Volt und mit kleineren Leistungen arbeiten. Hier braucht man meistens keine besonderen Maßnahmen zum Schutz der Halbleiter zu treffen. In Bild 7.1 A habe ich die einfachsten Bauformen des Sperrwandlers dargestellt.

Simple-FBT

Bild 7.1 A Die beiden einfachsten Bauarten des Sperrwandlers

Bei den dargestellten Wandlern ist der Trafo mit einer Rückkopplungswicklung versehen, sodass sie selbstständig schwingen können. In Bild 7.1 A links wird zunächst der Kondensator C2 über R 1 aufgeladen. Die Spannung an C 2 gelangt über die Koppelspule direkt an die Basis von T 1. Dadurch erreicht T 1 irgendwann einen Arbeitspunkt, in dem eine Verstärkung stattfinden kann. Durch die Rückkopplung schaukelt sich dann der Kollektorstrom exponentiell auf, bis T 1 voll durchgeschaltet ist. An der Primärspule liegt dann die Eingangsspannung Ue an. Solange die Eingangsspannung an der Primärspule anliegt, steigt der Strom in ihr linear an und die Basis erhält eine positive Steuerspannung. Der Stromanstieg wird durch zwei Effekte begrenzt. Einmal kann es passieren, dass T 1 ab einer bestimmten Stromstärke in die Sättigung gerät, was dazu führt, dass der Strom in T 1 nicht weiter steigen kann und so die Kollektor-Emitter-Spannung plötzlich ansteigt. In gleichem Maße reduziert sich die Spulenspannung. Dadurch reduziert sich auch die Basisspannung, bzw. der Basisstrom, was diesen Vorgang beschleunigt, bis T 1 vollständig sperrt. Andererseits kann auch der Kern des Trafos in die magnetische Sättigung geraten. Der Spulenstrom steigt dann sehr schnell an und der Transistor gerät ebenfalls in die Sättigung. Auch dann bricht die Spulenspannung schnell zusammen und T 1 sperrt vollständig. Wenn T 1 sperrt, folgt die Sperrphase des Wandlers, in der die im Luftspalt des Trafos gespeicherte Energie über die Sekundärspule und D 1 auf C 3 übertragen wird. Wie schnell sich das Magnetfeld abbaut, hängt von der Spannung an C 3 ab. Je höher diese Spannung ist, desto höher ist auch die Induktionsspannung in der Sekundärspule und in den restlichen Spulen und desto schneller baut sich das Magnetfeld ab, wodurch auch die Schwingfrequenz höher wird. Erst wenn das Magnetfeld vollständig abgebaut ist, bricht auch die Induktionsspannung zusammen. Die Induktionsspannung geht aber nicht genau auf null zurück sondern hat durch parasitäre Kapazitäten einen ausgeprägten Überschwinger in die andere Richtung. Dies führt dazu, dass T 1 wieder eine positive Basisspannung erhält und durchschaltet. Damit beginnt der Zyklus erneut. Der Elko C 2 in Bild 7.1 A links wird übrigens durch die Gleichrichterwirkung der B-E-Strecke von T 1 aufgeladen, d.h. an der Basis entsteht ein negativer Gleichspannungsanteil. Daher muss er die im Bild angegebene Polarität haben. Nur beim Start des Wandlers ist der Elko kurzzeitig falsch gepolt. Da diese Spannung mit falscher Polung nicht größer als 0,6 Volt ist und nur kurzzeitig anliegt, vertragen Elkos das jedoch problemlos. Bild 7.1 A rechts funktioniert im Prinzip genauso. Lediglich die Koppelspule ist, statt mit Masse, mit der Betriebsspannung verbunden. Dadurch benötigt man auf der Primärseite nur eine Spule mit Anzapfung. Die Windungszahlen und Drahtstärken können in beiden Fällen identisch sein. Als Trafokern dient in diesen Beispielen ein kleiner EE20/5-Ferritkern, der mit einem durchgehenden Luftspalt von 0,25 mm versehen ist. Bei Kernen mit vorgegebenem Luftspalt im Mittelschenkel entspricht das 0,5 mm. Mit den angegebenen Werten liegt die Schwingfrequenz je nach Belastung bei ca. 100 kHz.
Zu beachten ist, dass der Spitze-Spitze-Wert der Spannung in der Rückkopplungsspule nicht wesentlich mehr als 5 Volt betragen darf, da dieser Wert auch an der B-E-Strecke in Sperrrichtung auftritt und die meisten Transistoren nicht viel mehr vertragen. Wie bei allen ungeregelten Sperrwandlern ist auch hier ein Leerlauf nicht zulässig. Ohne Last kann die im Trafo gespeicherte Energie, die pro Periode immer konstant ist, nicht mehr abgegeben werden und muss irgendwo im Wandler verheizt werden. Der Schalttransistor kann dann entweder durch die hochlaufende Spannung oder die zu großen Hitzeentwicklung zerstört werden. Günstiger verhält sich so ein Wandler im Kurzschlussbetrieb. Durch die sehr niedrige Induktionsspannung während der Sperrphase verlängert sich diese bei einem ausgangsseitigen Kurzschluss erheblich. Aufgrund der sich dadurch einstellenden niedrigen Schwingfrequenz wird die Energiezufuhr erheblich gedrosselt und schützt den Wandler vor Überlastung.
Die Wandler aus Bild 7.1 A sind grundsätzlich nur für kleine Leistungen bis wenige Watt gedacht, da hier einige Nebenwirkungen vernachlässigt wurden, die bei größeren Leistungen dem Transistor gefährlich werden können. Außerdem muss der Basisstrom über R 1 von der Betriebsspannung zugeführt werden. Dies führt wegen der relativ geringen Stromverstärkung vieler bipolarer Leistungstransistoren zu einer großen Verlustleistung in R 1. Es gibt grundsätzlich zwei Tricks, mit denen man den Basisstrom deutlich erhöhen kann, ohne ihn von der Betriebsspannung zu holen.

Flyback2

Bild 7.1 B Maßnahmen beim Sperrwandler zur Erzielung höherer Leistungen

Im linken Bild wird der sich aufladende Kondensator C 2 mit dem Widerstand R 2 belastet. Der Hauptanteil des Basisstromes fließt dann durch R 2. Da die Spannung an C 2, die aus der Koppelspule kommt, i.d.R. wesentlich niedriger ist als Ue, kann dadurch auch die Verlustleistung deutlich reduziert werden. R 1 dient jetzt nur noch als Anlaufwiderstand und kann relativ groß gewählt werden. D 2 sorgt dafür, dass der relativ kleine Anlaufstrom den Kondensator ungehindert laden kann und nicht gleich vom recht niederohmigen R 2 quasi kurzgeschlossen wird. Ein Nachteil dieser Schaltung ist, dass wegen der negativen Vorspannung an C 2 T 1 nach der Sperrphase erst wieder durchschalten kann, wenn die induzierte Spulenspannung in der Koppelspule diesen Wert plus der Schwellspannung von T 1 übersteigt. Insbesondere bei Belastung der Sekundärspule kann es aber passieren, dass diese Spannung nicht erreicht wird. Die Oszillation des Wandlers bricht dann zusammen und setzt erst wieder ein, wenn sich C 2 über R 1 auf ca. + 0,6 Volt aufgeladen hat. Der Wandler schaltet sich also nur periodisch kurz ein um dann längere Zeit zu pausieren.
In der Schaltung von Bild 7.1 B rechts wird dieser Nachteil vermieden. Durch eine Inversdiode parallel zur B-E-Strecke von T 1 wird dessen Gleichrichterwirkung vollständig kompensiert. C2 entlädt sich deshalb auf etwa null Volt. Jetzt reicht bereits ein Überschwinger in der Koppelspule von nur 0,6 Volt nach der Sperrphase aus, um T 1 wieder einzuschalten. Da außerdem die negative Spannung an der B-E-Strecke von D 2 kurzgeschlossen wird, sind auch höhere Spannungen an der Koppelspule zulässig, sodass die Rückkopplung empfindlicher anspricht. Insgesamt wird dadurch die Schwingung des Wandler stabiler. Natürlich sollte die Spannung in der Koppelspule nicht zu hoch gewählt werden, da sonst die Verlustleistung in R 2 unnötig hoch wird. R 2 dient der Begrenzung des Stromes in der Basis von T 1 und in D 2. Einen Nachteil hat auch diese Schaltung: T 1 bekommt keinen ausgeprägten negativen Basisstrom. Um den Basis-Ausräumstrom zu erhöhen, wurde noch das RC-Glied R4/C3 eingefügt. Insbesondere bei starker Belastung, z.B. bei sekundärseitigem Kurzschluss, geht die Spannung an der Koppelspule während der Sperrphase nur auf ca. 0 Volt zurück. Zwischen Spule und Basis von T 1 liegt aber noch R 2, der so nur einen geringen Basis-Ausräumstrom zulässt. Um geringe Schaltverluste zu erreichen sollte hier deshalb ein schneller Schalttransistor verwendet werden. Versuche haben jedoch gezeigt, dass auch dann der Wirkungsgrad kaum über 50 % steigt. Bessere Ergebnisse ließen sich auf jeden Fall mit MOSFETs erzielen. Wegen der geringen Bedeutung ungeregelter Sperrwandler mit höheren Leistungen möchte ich darauf aber nicht näher eingehen. In Bild 7.1 B ist auch noch eine weitere Verbesserung, das R-C-Glied R 3 - C 4, eingeflossen, die T 1 vor Zerstörung durch induktive Spannungsspitzen schützt. Da bei größeren Trafoströmen sich eine nicht mehr vernachlässigbar geringe Menge der im Magnetfeld gespeicherten Energie im Streufeld befindet, muss diese in der Streuinduktivität gespeicherte Energie beim Übergang in die Sperrphase auf der Primärseite des Trafos „entsorgt“ werden. Besonders wichtig ist dabei, dass die in der Streuinduktivität induzierte Spannung auf ein für T 1 ungefährliches Maß reduziert wird. Da diese Maßnahme für alle Sperr- und viele Flusswandler von großer Bedeutung ist, gehe ich auf dieses Thema in Kapitel 9 ausführlich ein.

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