Das InterNetzteil- und Konverter-Handbuch von Dipl.-Ing Jörg Rehrmann
13.4 Wechselrichter
Unter einem Wechselrichter versteht man üblicherweise einen Wandler, der aus einer meist geringen Gleichspannung eine 50-Hz-Netzwechselspannung erzeugt. Dieses Thema spielt im Bereich der Energieversorgung eine große Rolle und man könnte sicher ein eigenes Buch darüber schreiben. Hier möchte ich das Thema jedoch nur kurz anschneiden und mich auf zwei einfache Grundvarianten beschränken.
Einfache Wechselrichter sind im Prinzip ungeregelte Gegentakt-Flusswandler, die mit einer Schaltfrequenz von 50 Hz arbeiten. Als Wandlertrafo dient ein normaler Netztrafo mit Eisenkern. Die einfachsten Wechselrichter sind selbstschwingende Gegentaktwandler mit bipolaren Schalttransistoren. Die Leistungsgrenze dieses Wandlertyps dürfte bei ca. 200 VA liegen. Wegen des schlechten Wirkungsgrades werden solche Wandler aber kaum noch eingesetzt. In Bild 13.4 A ist ein selbstschwingender Gegentakt-Rechteck-Wechselrichter zu sehen, der z.B. von einem Kfz-Bordnetz versorgt werden könnte. Der Stromkreis müsste noch mit ca. 15 Ampere abgesichert werden, was einer maximalen Leistung von etwa 150 VA bei dieser Schaltung entspricht.

Bild 13.4 A Selbstschwingender Rechteck-Wechselrichter

Nach dem Einschalten bekommen die Transistoren einen Basisstrom über R 2, der den Wandler anlaufen lässt. Man könnte das auch als Schutzschaltung benutzen. Dazu wird R 2 über einen Taster geschaltet, sodass der Wandler nur auf Knopfdruck anläuft. Bei Überlastung setzt die Schwingung aus und der Wandler muss neu gestartet werden.
Der jeweils eingeschaltete Transistor bekommt im Normalbetrieb seinen Basisstrom über die Rückkopplungswicklung. Der Basisstrom wird von R 2 auf 1-2 Ampere begrenzt. Erst wenn der Netztrafo in die Sättigung gerät, bricht die Induktionsspannung in der Rückkopplungswicklung zusammen und die Transistoren schalten um. Durch die Streuinduktivität des Trafos kann es dabei zu Spannungsspitzen an den Kollektoren kommen. Der Kondensator C 2 fängt diese Spitzen weitgehend ab. Die maximale Wandlerleistung hängt neben der Trafogröße auch von den Transistoren und R 2 ab. R 2 bestimmt den Basisstrom der Transistoren und damit auch den maximalen Kollektorstrom. Bei Überlastung kommen die Transistoren aufgrund des zu hohen Kollektorstromes noch vor Eintritt der Kernsättigung in die eigene Sättigung. Die Leistungsgrenze lässt sich durch stärkere Transistoren und/oder einen größeren Basisstrom erhöhen. Ein Nachteil des selbstschwingenden Wechselrichters ist, dass er bereits bei kurzzeitigen Überlastungen aussetzt. Da kann es schon schwierig sein, eine normale Glühbirne anzuschließen, die aufgrund ihres niedrigen Kaltwiderstandes den Wandler sofort abwürgt.
Ein weiterer Nachteil von Rechteck-Wechselrichtern besteht darin, dass Effektiv- und Spitzenspannung übereinstimmen. Bei vielen Verbrauchern ist das unkritisch. Werden jedoch Geräte mit Gleichrichterschaltungen an einem Rechteck-Wechselrichter betrieben, laden sich die Siebelkos immer nur bis auf den Effektivwert auf, was u.U. zu Funktionsstörungen führen kann. Die Gleichrichterschaltungen netzbetriebener Geräte sind oft so ausgelegt, dass sich der Siebelko auf den Spitzenwert einer sinusförmigen Spannung aufladen muss, der ja bekanntlich um den Faktor 1,41 über dem Effektivwert liegt. Ein Netzsiebelko würde sich z.B. nur auf 230 statt 325 Volt aufladen. Aus diesem Grund arbeiten neuere einfache Wechselrichter mit einer angenäherten Sinuskurve. Diese hat mit einer echten Sinuskurve zwar nicht so viel zu tun, jedoch gibt es eine wesentliche Gemeinsamkeit: Auch bei der angenäherten Sinuskurve liegt der Spitzenwert der Spannung um den Faktor 1,41 über dem Effektivwert. Die angenäherte Sinusform ist nichts anderes als eine Rechteckschwingung mit Totzeit. In Bild 13.4 B sind echte und angenäherte Sinusform mit gleichem Effektiv- und Spitzenwert so übereinandergelegt, dass man ihre Beziehung zueinander gut erkennen kann.

Sinus

Bild 13.4 B Vergleich von echter und angenäherter Sinusform

Zunächst sieht man, was ja Bedingung sein sollte, dass die Spitzenwerte genau übereinstimmen. Weiterhin erkennt man, dass ein Rechteckimpuls genau eine viertel Periode dauert. Das ist natürlich kein Zufall. Wenn im Scheitelpunkt einer Sinusspannung die Spannung um √2 über dem Effektivwert liegt, ist die Leistungsaufnahme eines ohmschen Verbrauchers in diesem Moment um den Faktor 2 über der effektiven und mittleren Leistungsaufnahme. Um beim Anlegen der Spitzenspannung an den Verbraucher trotzdem nur auf die einfache Leistung zu kommen, muss ich dafür sorgen, dass die Spitzenspannung genau die Hälfte der Zeit, also immer nur eine viertel Periode pro Halbwelle eingeschaltet bleibt. Ein entsprechendes Steuersignal für die Leistungstransistoren lässt sich relativ einfach erzeugen. In Bild 13.4 C ist ein besonders einfach aufgebauter 50-Hz-Wechselrichter zu sehen. Der CD 4060 lässt sich als Quarzoszillator beschalten und enthält eine 14-stufige Frequenzteilerkette. Mit dem angegebenen Standardquarz mit einer Frequenz von 3,2678 Mhz steht an Pin 3 eine Frequenz von genau 200 Hz zur Verfügung. Diese wird mit dem Johnson-Zähler CD 4017 noch einmal durch vier geteilt. An den Ausgängen Q 1 und Q 3 stehen dann die benötigten Einschaltimpulse für die Leistungstransistoren zur Verfügung. Wegen der niedrigen Schaltfrequenz lassen sich die MOSFETs ohne Treiber direkt vom CD 4017 ansteuern. Die Schaltung ist für eine Eingangsspannung von 12 Volt ausgelegt. Die Doppeldiode D4/D5 wirkt als Mittelpunktgleichrichter und richtet die Primärspannung des Trafos gleich. Damit die Ausgangsspannung während der Totzeit definiert ist, wird der Trafo, bzw. die Primärspule in dieser Zeit vom Transistor T 2 kurzgeschlossen. T 2 wird von T 1 angesteuert, der genau dann sperrt, wenn weder T 3 noch T4 durchgeschaltet sind (Totzeit). Wenn T 1 sperrt, steigt seine Kollektorspannung aufgrund des durch R 5 fließenden Stromes auf rund 12 Volt an. Diese Spannung wird über C 4 auf das Gate von T 2 eingekoppelt. D 3 sorgt dafür, dass sich die Gatespannung für T 2 zur Betriebsspannung addiert. Diese Maßnahme ist nötig, da das Sourcepotential von T 2 auf 12 Volt liegt und rund 24 Volt Gatespannung zum Durchschalten von T 2 benötigt werden. Die Belastung von D 4, D 5 und T 2 ist im Normalfall eher gering und steigt erst bei hoher induktiver oder kapazitiver Blindlast

DC-AC-Converter

Bild 13.4 C Einfacher quarzstabilisierter Wechselrichter mit angenäherter Sinusform

Mit den angegebenen Transistoren IRF 1404 kann man bei 12 Volt Eingangsspannung und ausreichender Kühlung Ausgangsleistungen bis etwa 600 VA erreichen. Höhere Leistungen sind bei Betriebsspannungen von 12 Volt nicht praktikabel, da der Betriebsstrom sonst sehr groß werden würde und man bei höheren Leistungen ohnehin Wechselrichter mit sinusförmiger Ausgangsspannung bevorzugt. Durch Parallelschaltung weiterer MOSFETs können im Prinzip auch höhere Leistungen abgegeben werden. Sinnvollerweise arbeitet man bei höheren Leistungen auch mit höheren Betriebsspannungen, wie z.B. 24 Volt. Dabei wird die maximale Drain-Source-Spannung des IRF 1404 überschritten. In diesem Fall kann man für T 3 und T 4 z.B. den etwas stärkeren 75-Volt-Typ IRFP 2907 verwenden und die Spannung der Zenerdiode ZD auf etwa 39 Volt erhöhen.
Für den Trafo kann ein normaler 50-Hz-Netztrafo verwendet werden. Die Spannung auf der Niedervoltseite muss bei 12 Volt Eingangsspannung etwa 2x 7,5 Volt betragen. Die Ausgangsspannung ist nur über die Eingangsspannung und das Übersetzungsverhältnis des Trafos bestimmt. Darüber hinaus verursachen die Verluste in Trafo Transistoren und Zuleitungen einen lastabhängigen Einbruch der Ausgangsspannung. Für die meisten Verbraucher sollte das aber kein Problem sein.
Soll der Wechselrichter mit 24 Volt betrieben werden, muss ein 12-V-Spannungsregler die Versorgungsspannung für die CMOS-Bausteine erzeugen. Wegen der hohen Stromaufnahme des Wechselrichters bei Volllast kann es schwierig sein, einen Schalter zwischen Akku und Wechselrichter einzubauen. Deshalb kann der Akku dauerhaft an den Wechselrichter angeschlossen bleiben und mit einer Steuerleitung ein- und ausgeschaltet werden. Liegt die ON/OFF-Leitung auf 12 Volt, wird der Quarzoszillator stillgelegt und der Johnson-Zähler zurückgesetzt, sodass beide Leistungstransistoren sperren. Die Stromaufnahme des Wechselrichters liegt dann im µA-Bereich und ist vernachlässigbar gering gegenüber der Selbstentladung der Akkus.
Der Wechselrichter ist grundsätzlich nicht für große kapazitive Blindlasten geeignet, da sonst beim Umladen der Kapazitäten hohe Verluste in den Schalttransistoren T 2, T 3 und T 4 entstehen würden. Induktive Blindlasten sind dagegen weniger problematisch. Die in der induktiven Last gespeicherte Energie wird nach dem Umschalten der Polarität wieder in den Akku zurückgespeist.
Die Akkus können theoretisch direkt über den Netztrafo aufgeladen werden. Dazu ist aber ein etwas niedrigeres Übersetzungsverhältnis des Trafos nötig. Wenn die Steuerelektronik abgeschaltet ist, würden die Inversdioden der MOSFETs als Ladegleichrichter dienen.
Wechselrichter größerer Leistung arbeiten normalerweise mit sinusförmiger Ausgangsspannung. Diese möchte ich hier jedoch nicht mehr behandeln. Um sinusförmige Ausgangsspannungen zu erhalten gibt es prinzipiell mehrere Möglichkeiten, die ich zumindest aufzählen will:

1. Mit einem 50-Hz-Trafo

Um keine Streufeldentsorgungsprobleme zu bekommen, wird die Primärspule mit einer Vollbrücke angesteuert. Statt die Transistoren einfach nur mit einem 50-Hz-Rechtecksignal anzusteuern, werden sie mit einem hochfrequenten PWM-Signal sinusförmig moduliert. Die Streuinduktivität des Trafos und ein Entstörfilter mit großem Kondensator hinter dem Trafo reichen dann aus um die hochfrequente Schaltfrequenz vollständig auszufiltern.
Eine andere Möglichkeit wäre es, die Betriebsspannung der Vollbrücke mit einem Abwärtswandler sinusförmig zu modulieren, während die Vollbrücke nur im 50-Hz-Takt umschaltet. Vorteil wäre eine einfachere Entstörung, da am Trafo keine Hochfrequenz mehr anliegt. Nachteil ist allerdings der höhere Aufwand und evtl. schlechtere Wirkungsgrad, da im Prinzip zwei Wandler hintereinandergeschaltet sind.

2. Ohne 50-Hz-Trafo

Mit einem gewöhnlichen Flusswandler mit hoher Schaltfrequenz kann man zunächst eine symmetrische Gleichspannung von z.B. ± 400 Volt erzeugen. Eine IGBTs-Halbbrücke erzeugt dann ein sinusförmig moduliertes PWM-Signal. Hinter einem LC-Tiefpass steht schließlich die sinusförmige 50-Hz-Wechselspannung zur Verfügung. Der Aufwand lohnt aber auch nur, wenn es auf Gewichtseinsparung ankommt. Bei einem Aggregat mit eingebauten Akkus fällt ein 50-Hz-Trafos buchstäblich nicht mehr so sehr ins Gewicht.

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